ZITATE AUS DEM MUSEUMSGARTEN

Zitat 5: De, de mehr süht, mut ok mehr don! – Ökologische Verantwortung

De, de mehr süht,
mut ok mehr don!

Der, der mehr sieht,
muss auch mehr tun!

Quelle: Th. Th., Heink Stüür, 1950, S. 17

Heink Stüür

Das Warten einer getreuen Ehefrau auf den verschollenen Seemann bildet das zentrale
Thema dieses Dreiakters von Thora Thyselius. Heink Stüür folgt dem inneren Drang, gegen
den verhassten Kaiser Napoleon zu Felde zu ziehen. Schließlich sorgt die Kontinentalsperre
dafür, dass Schiffer und Seeleute und ihre Familien kein nennenswertes Familieneinkommen
mehr haben. Heink verlässt also in Szene 1 die Familie. Hellke, seine Frau, muss sich und den
neugeborenen Sohn mit Hilfsarbeiten bei Anderen über Wasser halten, ist auf die Hilfe der
Schwiegermutter Karlin angewiesen und auf die Gnade der Nachbarin Mimke, deren Mann
ihr noch dazu Avancen macht. Zudem wird sie von dem unangenehm napoleontreuen
Advokaten Diderk Pink aus der Stadt umworben.
Der zweite Akt spielt sechs Jahre später; Hellke sitzt und spinnt Wolle für andere, obwohl sie
die Arbeit nicht ausstehen kann. Zudem hilft sie Kartoffeln auskriegen. Irgendwie muss der
Lebensunterhalt für den kleinen Sohn erwirtschaftet werden. Aufruhr und Nachstellungen
der Zöllner sorgen für ein unruhiges, angstbesetztes Leben. Er Freund der Familie, Jan Baas,
wird verhaftet, Mimkes Mann Frerich erschossen, Hellkes sechsjährige Sohn gerät in
Lebensgefahr. Häufig ist sie den Nachstellungen durch Männer ausgesetzt, weiß sich aber zu
behaupten. Mit der Fertigstellung des Spinnfadens vom letzten Wollvlies will sie sich
letztendlich entscheiden, den unangenehmen reichen Advokaten Diderk Pink zum Mann zu
nehmen. Schließlich ist ihr Mann inzwischen viele Jahre lang verschwunden gewesen, ohne
ein Lebenszeichen, es ist also damit zu rechnen, dass er dasselbe Schicksal erlitten hat wie
sein Vater und andere Seeleute.
Im letzten Akt, der im Jahre 1813 spielt, als die Völkerschlacht bei Leipzig das Ende
Napoleons einläutet, klärt sich auf, dass der feige, betrügerische und nur auf seinen Vorteil
bedachte Advokat die Briefe von Heink Stüür aus den Schlachtfeldern gegen Napoleon
unterschlagen und verbrannt hat. „De‘n Insehn hett, de mutt ok stüürn.“ wirft Heink dem
Advokaten Diderk Pink (Szene 16) vor und fragt ihn damit, wie er sich eigentlich auf das das
napoleonische Regime so habe einlassen können. An der Liebe von Hellke zweifelt er, doch
kurz darauf ist Heink sich sicher, dass er seine Frau nicht verloren hat, als sie sagt: „Swieg
still, Diderk Pink. Wat Heink von Hus wegdrewen hett – dat weet ik nu woll. He harr’n
Upgaaw..“ un gleich darauf: „Diderk Pink – Heink Stüür sien Gedanken, de sünd för di to
wiet. Du magst dor woll nix för könen – du büst wat du büst. Man mien Heink …“ Welch ein
niederschmetterndes Urteil einem gegenüber, der sich für superschlau hielt. Diderk Pink hat sein schäbiges Spiel verloren.

Zum Reinlesen

Kommentare

Gleich bei einem antiken Vorbild hat die Autorin Anleihe genommen, nämlich bei der Geschichte des Odysseus im homerischen Epos. Penelope, die Gattin des Helden, sitzt und webt jeden Tag, und sagt, dass sie sich entscheiden will, wenn das Webstück fertig ist. Sie hält damit die Meute der Freier hin, die darauf warten, dass sie den herumirrenden Seefahrer vergisst, zieht aber jede Nacht das Gewebe wieder auf. Hellke, die Frau von Heink Stüür, ist eine butjadinger Penelope. Auch die eigene Lebensgeschichte mag Thora Thyselius bewogen haben, das Bühnenstück zu gestalten: ihr Mann galt ab 1944 als vermisst, und die Gefühle einer Frau, die sehnlichst und später vergebens wartet, dürften ihr bekannt gewesen sein. Auch in ihrem Werk „Tant van’t Siel“ findet man Parallelen. Ebenso kannte sie aus der eigenen Familiengeschichte „Ebbe und Flut“ die Sorgen und Nöte der Familien der Blockadebrecher, die ebenfalls im Mittelpunkt des Bühnenstückes stehen. Aus dem Stück spricht auch ihre Hochachtung vor Menschen, die ein wirkliches Ziel vor Augen haben und dieses mit allem, was ihnen zu Gebote steht, auch verfolgen und zu erreichen suchen.

(Ute Schernich 2023)